Das trostlose Wetter macht Ihnen zu schaffen und die Aussicht auf noch mindestens zwei weitere Monate, die uns vom Frühling trennen, zieht Sie `runter? Ich habe hier ein erstklassiges Mittel gegen Winterdepressionen! Begleiten Sie Silvia auf ihrer wunderbaren Reise in den Süden!

Mein Caserta-Bericht.



26. Dezember, frühmorgens: Ich stehe unter Strom. Ich verreise, allein, und das noch in eine Millionenstadt. Aber zuvor holt mich Giovanna am Flughafen ab, sehr beruhigend. Pünktlich um 09:25 steigt mein Flieger bei leider schlechter Sicht in die Luft. Nach 1,5 Stunden landen wir bei einem Wolkenbruch in Neapel. Nervös steige ich aus dem Flieger, könnte ja sein, dass Giovanna ne Panne hatte, aber nein, da winkt sie schon fröhlich. Während wir zu ihr nach Caserta fahren, zeigt sie mir schon am Straßenrand, wo Kolonien von Streunern leben, das Einkaufszentrum, und und und. Frisch angekommen lerne ich erst mal Palino kennen, und der kleine Mann hats mir gleich angetan. Am Nachmittag besuchen wir das erste Mal das Tierheim. Es ist schwer, die Gefühle, die einem durch den Kopf gehen, zu beschreiben. Ich weine nicht. Ich fühle mich eher wie versteinert und erschlagen. Hunde über Hunde, junge Hunde, alte, müdgewordene Hunde, liebe Hunde, die einen Streichler erhaschen möchten, misstrauische Hunde, und bissige Hunde wie Todt, dem ich ansehe, dass er mich – sofern er Gelegenheit hätte – am liebsten in Stücke reissen würde. Ein Gebelle, ein Lärm, der mich fast erschlägt. Was mich wirklich beeindruckt, ist, dass Giovanna bis auf einige Neuzugänge alle Hunde kennt, mir zu jedem, bei dem ich nachfrage, die Geschichte erzählt.

Im Katzenhaus lege ich gleich mal mit Hand an. Wie oft habe ich Giovanna gegenüber schon ein schlechtes Gewissen bekundet, dass meine Katzen erst mal ein paar Wochen in Quarantäne auf 18 qm leben müssen. Zwei, maximal drei in dem Raum. Ich werds künftig nicht mehr tun. Denn hier leben soviel mehr Katzen. Und auch wenn sich die Mädels, wie ich sehe, wirklich bemühen, das Ganze nett aussehen zu lassen, ich selbst weiß, wie viel Streß so enge Räume bei Katzen auslösen können. Für die Katze ist es der Horror, ihr Revier mit sovielen anderen teilen zu müssen, vor allem so ein kleines Revier. Ich heule immer noch nicht. Das kommt später, viel später, als ich schon längst wieder zuhause bin.
Abends fahren wir nachhause, Giovanna kocht, die Mädels sind da, es ist sehr lustig, bis ich mich dann gegen 23 Uhr verabschieden muss, ich bin einfach nur müde. Aber lecker wars!

27. Dezember: Über diesen Tag kann ich leider gar nichts berichten. Ein heftiger Migräneanfall rafft mich dahin, so dass ich leider im Bett bleiben muss, ab und an mit Palino ein wenig kuschele und ihn letztendlich in sein Fell gewickelt in mein Zimmer hole, damit er nicht allein ist.

28. Dezember: Es ist herrliches Wetter. Nach überstandener Migräne bin ich immer recht abenteuerlustig und es geht los. Giovanna fährt mit mir auf den Markt. Leider werde ich irgendwann gierig. Richtig gierig. Ich kann kaum noch an mich halten, alles ist bunt, die Sonne lacht vom Himmel, und man kann Schuhe ohne Ende sehen. Bedauerlicherweise nicht meine Größe, also muß ich mir derweil mit Taschen behelfen. Kann man auch immer gut brauchen. Wir gönnen uns einen kleinen Imbiss, starten dann noch in ein Cafe und dann geht’s ins Tierheim.

Dort ist heute Besuchertag. Eigentlich wie in Deutschland auch. Der niedliche Welpe, den ich auf dem Bild auf dem Arm habe, wird vermittelt. Ich freue mich sehr, und hoffe, dass er auch noch geliebt wird, wenn er größer ist. Danach geh ich mit Giovanna in die Hundezwinger. Josh ist im Auslauf, was für ein prächtiger Hund! Auch einige andere, die mitkommen, sehe ich. Giovanna ist seit diesem Tag für mich nur noch die Hundeflüsterin. Seht es selbst, auf dem Bild, bei dem sie in der Hocke vor diesen acht Jagdhundwelpen ist und die Arme ausbreitet. Unfassbar. Es ist mein Lieblingsbild von ihr. Im Katzenzimmer entscheide ich mich gegen die schüchterne Sophie. Nachdem Hookie schon so lange hier ist, habe ich zuviel Angst, dass ich wieder auf einer scheuen Katze ewig sitze, und andere nicht mitkommen können deswegen. Ich entscheide mich für Chocoloate, eine wundertolle, BRAUNE Katze, habe ich so noch nie gesehen. Gegen abend heißt es Abschied nehmen von den Mädels, denn am nächsten Tag verlasse ich Caserta bereits wieder und muß mich allein in Neapel zurechtfinden.

29. Dezember: Gegen neun Uhr verlassen wir die Wohnung, ich verabschiede mich von Palino-Theo, packe mein Zeugs ins Auto und los geht’s. Giovanna fährt wieder auf einen anderen Markt mit mir. Wie schon am Vortag: Gier, hochroter Kopf, Tütenbeladen. Leute, was es da alles gibt, unfassbar. Jacken für 1 Euro, ahhhh. Leider bin ich zu groß und zu stabil für das Zeug, so dass meine Ausbeute geringer ausfällt. Aber zwei Paar Schuhe gehen schon...



Gegen 13:30 erreichen wir Neapel. Ich wundere mich, wie Giovanna sich in diesem Großstadtverkehr zurecht findet, und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus, in dieser großen Stadt zu sein. Ohne Probleme setzt sei mich vor dem Hotel ab. Ich schleppe mein Gepäck hoch, zieh mich um und hinein ins Vergnügen, Spaccanapoli ist gleich ums Eck. Diese Straße trennt Neapel in zwei Teile. (man sieht es sehr gut von Google-Maps aus). Und hat natürlich auf beiden Seiten dieser Straße Geschäfte, Geschäfte, Geschäfte...

Erschöpft verlaufe ich mich prompt nach drei Stunden Einkaufsbummel und irre ziemlich hilflos umher, Handyakku leer, also kein Navi. Ein junges, italienisches Paar navigiert per Handy, eine nette italienische Mamma bringt mich zurück. Uff, geschafft. Hoch, auspacken und gleich mal in den Flur im dritten Stock eine rauchen. Sitze gemütlich auf dem Fensterbrett, lass es mir schmecken. Es ist gegen 18:08. irgendwie bebt das Fensterbrett aber seltsam, hm, fährt halt irgendwo ein Panzer rum? Komisch, dass aber auch Türen und Fenster zu klappern beginnen. Panisches Geschrei in den ersten Stockwerken. Jetzt geht mir aber auch der A**** auf Grundeis. Mein Rezeptionist kommt raus und sagt, wir müssen runter. Earthquake? Aha. OK. Wir stehen unten eine Weile rum. Es ist ein sehr beklemmendes Gefühl, denn ich hab so keine Erfahrung damit. Ich schlafe, wie Giovanna, eher unruhig, neben mir die gepackte Tasche mit den wichtigsten Dokumenten. Aber zum Glück kommt nichts nach.

30. Dezember:

Und noch einmal ein Stadtbummel. Ich verirre mich in einen Zooladen, abseits der Touristengassen. Und sehe einen Mops im Käfig, einen Papagei im Wellensittichkäfig. Ich schimpfe mit dem Besitzer, aber umsonst, der versteht das eh nicht. Neapel ist unglaublich groß, mächtig, wuchtig, und wenn man kein Problem hat, dass JEDES Haus, jeder Stein, jede Skulptur mit Graffitis versprüht ist, kann es einem schon gefallen. Ich habe keines damit. Mir gefällt die Mentalität, die kurze Einkehr im Kaffee, auf so nen Minikaffee, herrlich.

31. Dezember:

Ich fahre morgens mit dem Taxi zurück zum Flughafen. Und erhasche einen Wahnsinnsblick auf Neapel von oben. Es ist gigantisch. Auch der Vesuv lacht mich aus der Ferne an. Beeindruckend. Bei schönstem Wetter fliege ich nachhause zurück, voll mit Erinnerungen, Lebendigkeit. Schon am Flughafen München gehen mir die hektische Betriebsamkeit und die starren Mienen der Menschen auf die Nerven. In der S-Bahn lerne ich noch einen netten Mann kennen, der wie ich auf dem Bauernhof geboren ist, sehr einfach gelebt hat in der Kindheit und der jetzt Hotels in der ganzen Welt baut. Die Zeit bis HBF vergeht im Flug. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch mal herzlich bei Dir, liebe Giovanna, bedanken, dass ich Dich dort unten besuchen durfte! Du hast mir definitiv die richtige Therapie zukommen lassen, nämlich den Schlaf. (Alessandra fragte besorgt, ob Giovanna mir auch alles an Therapie zukommen lassen hat, als mich die Migräne packte...)

Zurück habe ich bald zwei Katzen mehr. Chocolate wurde krank und mir die schüchterne Sophie aufs Aug gedrückt. Mit Christel, einer Wahnsinnsschmuserin. Sophie steigt recht schüchtern aus ihrem Kennel, fängt aber bald mit mir zu spielen an. Einen Tag später habe ich sie auf dem Arm, sie tretelt, sie schnurrt. Und genau DAS ist der Moment, in dem sich meine Schleusen öffnen und ich endlich weinen kann. Einerseits vor Freude, andererseits bedrückt über das Schicksal der dort lebenden Tiere. Auch wenn sie gut versorgt sind, und in Sicherheit, sie gehören in eine Familie.
Silvia Altheimer

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