Mein erster Besuch im Tierheim......
Angefangen hat eigentlich alles mehr zufällig. Irgendwie bin ich - wie so viele - bei Cani di Italia `reingerutscht. Mit einem Sack voll Ideen und Änderungsvorschlägen im Gepäck.
Allerdings - je mehr ich mitkriegte, desto mehr legte sich meine Besserwisserei....... Zwinkernd
Und irgendwann fand Giovanna wohl, es wäre an der Zeit, mich endgültig mit den Tatsachen des Lebens vertraut zu machen, und lud mich ein, sie mal auf einer Fahrt zu begleiten. Natürlich sagte ich zu - schließlich hing ich zu dem Zeitpunkt schon viel zu tief bei Cani di Italia drin - aber doch mit ganz leicht gemischten Gefühlen. Was, wenn ich da unten meinem Traumhund begegnen würde - und ihn unten lassen müsste? Wenn ich mit dem ganzen Elend einfach nicht umgehen könnte? Oder wenn Giovanna und ich uns am Ende ganz fürchterlich in die Haare kriegten (schließlich würden wir vier Tage praktisch nonstop zusammen verbringen) ???
Was auch immer passieren würde - dass bei dem ganzen Unternehmen auf jeden Fall ein Bericht für die Homepage `rausspringen würde, war natürlich von vornherein selbstverständlich!
Und voila - hier ist er!
Erster Tag:
Zu einer komplett unmöglichen Nachtzeit stieg ich ziemlich nervös ins Auto......
Glücklicherweise findet der Bus den Weg nach Caserta mittlerweile im Grunde genommen alleine, sodass Giovanna ausreichend Gelegenheit hatte, mir alles Mögliche über die vorbeiziehenden Dörfer und Städte zu erzählen (sie könnte übrigens glatt als Reiseführerin arbeiten)
Und je südlicher die Landschaft wurde, desto mehr fing ich an, mich auf die vor mir liegenden Tage zu freuen!
Nach über zehnstündiger Fahrt bogen wir in die Einfahrt zum Tierheim ein - schon sehnsüchtig erwartet von Giovannas Freundinnen!!! Erstmal allseits großes Hallo und Begrüßung - auf Italienisch selbstverständlich. Gleichzeitig ohrenbetäubendes Gebell der Hunde, die die Aufregung natürlich mitkriegten. Das Gebrüll pflanzte sich fort wie Wellenschlag, als Giovanna mich durch die einzelnen Zwingerreihen führte.
"Na, erkennst Du "Deine" Hunde?" (Erwartungsvoll)
Ganz unter uns - nööö, keinen einzigen! Ich seh` nur Hunde! Zwingerreihen voller Hunde, die wütend bellen, sich freuen oder wie verrückt ans Gitter springen. Erst ganz allmählich kommt bei mir der Aha-Effekt, erkenne ich plötzlich hier und da ein Gesicht wieder, eine auffällige Färbung oder einen Augenausdruck.
"Gehen wir `rein, oder möchtest Du lieber nicht, hast Du Angst?"
Also erstens sehen die Hunde teilweise nicht allzu appetitlich aus. (Und schließlich wurden wir alle mal gewarnt, dass man im Süden besser keinen Hund anfasst) Und ganz geheuer sind mir manche davon auch nicht. Aber  d a s   kann ich jetzt echt nicht zugeben. Also verlasse ich mich mal drauf, dass Giovanna schon kein Interesse daran haben wird, ihren Webmaster von einem ihrer Hunde anfressen zu lassen(man bedenke die miese Publicitiy Lächelnd), und stiefele einfach hinterher. Und irgendwann wird`s dann selbstverständlich, so ein räudiges Hündchen auf den Arm zu nehmen oder von einem freundlichen Riesen angesprungen zu werden.
Eines sehe ich bald - dieses Tierheim bedeutet vor allem eines - immense Arbeit!!! Vierhundertdreißig Hunde produzieren eine unglaubliche Menge Sch......( Auf dem Foto sehen Sie die Produktion zweier winzigkleiner Welpen innerhalb weniger Stunden!) Es muss gefüttert und getränkt werden. Allein diese nackten Versorgungsarbeiten wären an sich schon tagesfüllend. Trotzdem machen sich die Mitarbeiter noch die Arbeit, über den Tag verteilt Hunde in die Ausläufe zu lassen, damit sie sich ein bisschen die Beine vertreten können. Einige Kandidaten dürfen frei im Tierheim herumtoben, wenn jemand da ist. Aus Nudeln und Fleischresten werden in großen Eimern Mahlzeiten für die alten und kranken Hunde sowie für die Welpen zubereitet. Die Hunde werden beschmust, gestreichelt, mediznisch versorgt, etca. Und neben der Versorgungsarbeit im Tierheim leisten die Frauen noch Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit. Alles ehrenamtlich.
So allmählich wird mir klar, dass es unsinnig wäre, da zu erwarten, sie könnten "schnell mal eben" noch dies und das nebenbei erledigen, weil es beispielsweise für die Homepage in Deutschland gebraucht würde.
Auch meine Hoffnung auf Starfotos schwindet übrigens rapide. Manche Hunde empfinden die Kamera als bedrohlich und drehen immer genau in dem Moment den Kopf weg, wenn man auf den Auslöser drückt. Andere sind weniger schüchtern und bescheren uns eine Reihe von bildschönen Nasen-Nahaufnahmen. Und gerade von den allernettesten Hunden gelingt überhaupt keine gescheite Aufnahme, weil die über die außerplanmäßige Zuwendung so aus dem Häuschen sind, dass sie überhaupt nicht stillhalten.
Fazit: Zu zweit ist es schwierig - alleine aussichtslos......
Bald zeigt sich auch, was für eine Sisyphus-Arbeit hier geleistet wird. Die winzigen Kätzchen scheinen kartonweise angeliefert zu werden, dazu gibt`s ein paar Unfallopfer und am letzten Tag noch ein Welpe, von dem man nicht weiss, ob er ausgesetzt wurde oder vielleicht doch nur verloren gegangen ist.....
Während wir am ersten Tag hauptsächlich damit beschäftigt sind, neue Fotos von den "alten" Kandidaten zu machen und geeignete Anwärter für die Vermittlungsseite unter den frisch aufgenommenen Hunden zu finden, wird`s am zweiten Tag bürokratisch.
Zweiter Tag:
In der Apotheke folgt erst mal ein Schwätzchen mit dem freundlichen Apotheker, denn der hat Giovannas Papa noch gekannt. Dann geht`s weiter zum Veterinäramt, die sechs noch fehlenden Pässe abholen.
Die Atmosphäre ist sehr freundlich und entspannt (kein Vergleich mit deutschen Ämtern), immer wieder kommt jemand auf ein "Schwätzchen" vorbei. Man merkt, dass Giovanna hier sehr geschätzt und gemocht wird. Und die Aussicht auf den Vesuv ist wirklich atemberaubend. Ich kann das beurteilen, denn wir haben wegen dieser sechs Pässe praktisch den kompletten Vormittag dort verbracht. An Giovannas Stelle hätte ich vermutlich vor Wut über die endlosen Verzögerungen in die Tischkante gebissen - und wäre garantiert hochkantig `rausgeflogen.......
Mit Druck geht hier gar nichts - immerhin sind wir Gäste in einem fremden Land!
Am Nachmittag dann noch ein anderes Tierheim besichtigt und fotografiert. Danach wird schon für die Heimfahrt geplant - generalstabmäßig! Am Abend macht sich dann die Erschöpfung bemerkbar - wir sind früh im Bett.
Dritter Tag:
Am nächsten Tag wird`s  ernst. Der Druck steigt. Alles muss soweit vorbereitet werden, dass die Verladung nachts so reibungslos wie möglich über die Bühne geht. Die Hunde, die mitfahren sollen, werden in die Ausläufe gebracht, damit sie sich unter Aufsicht schon mal kennenlernen können und nicht in Deutschland beim Aussteigen erstmals aufeinandertreffen. (Komisch - darüber habe ich mir nie vorher Gedanken gemacht....)
Giovanna schaut sich jeden Hund nochmal genauestens an - telefoniert ein letztes Mal mit den Familien. Ferroviera soll nochmal seine Katzentauglichkeit unter Beweis stellen. Aber der "kleine" Waschlappen hat solche Angst vor dem Strick, dass er den Stubentigern nur einen nervösen Blick schenkt und bloß weg will. Immerhin scheint er ein durch und durch friedlicher Bursche zu sein, der keinerlei Aggression zeigt, obwohl wir ihn so bedrängen.
Dafür gibt`s eine Panne mit Mini, die bisher in einer italienischen Familie gelebt hat, dort weg muss und in Deutschland einen Pflegeplatz hat. Um ihr den Tierheimaufenthalt zu ersparen, sollte ihr Herrchen sie erst am letzten Tag bringen. Nun zeigt sich, dass das ein Fehler war.
Mini, die außer ihrem Zuhause und ihrer Familie nichts kennengelernt hat, liebt zwar offensichtlich ihren Besitzer zärtlich,  reagiert aber völlig panisch auf die fremde Umgebung. So ist sie ganz offensichtlich nicht transportfähig.
Das Problem wird erstmal vertagt, Mini in einen der Ausläufe gebracht.
Jetzt haben wir Zeit für die Patenhunde, die ich in den letzten Tagen nur flüchtig kennengelernt habe. Wir besuchen jeden einzelnen von ihnen ausgiebig und machen Fotos.
Dann geht`s nach Hause - Giovanna muss schlafen, um für die lange Fahrt fit zu sein. (Sehr fit ist sie ohnehin nicht - ihr Rücken macht ihr zu schaffen)
Nachts:
In der Nacht hat sich fast die komplette Tierheimmannschaft versammelt, um den Aufbruch  "ihrer" Hunde zu begleiten. Ich beneide sie nicht darum, die Hunde, die sie versorgt und geliebt haben, in den Boxen sitzen und mit ratlosen Blicken auf die vertrauten Menschen schauen zu sehen - auch wenn sie sie in der Hoffnung auf ein besseres Leben fortschicken....(Auch darüber habe ich mir nie zuvor Gedanken gemacht - dass auch "die Italiener" an den Hunden hängen - und was für einen Vertrauensbeweis - von Giovanna sicher hart erarbeitet - es bedeutet, dass sie sie ihr einfach so mitgeben)
Nach einer herzlichen Verabschiedung geht es dann los, Richtung Deutschland, nun begleitet von der Sorge, dass alles gut geht, mit den Hunden alles in Ordnung ist, nichts passiert unterwegs, die Zusammenführung mit den Familien gut klappt, jeder zufrieden ist........der auf Giovanna lastende Druck ist deutlich zu spüren.
Um den Hunden die üble Serpentinenstrecke über Ettal zu ersparen , probiert Giovanna eine neue Strecke aus, die sich - obwohl es darüber fast zu einer handfesten Auseinandersetzung mit dem Navi kommt (ich hatte keine Ahnung, dass die Teile so zanksüchtig sein können....Zwinkernd ) als wesentlich angenehmer zu fahren erweist.
Und so landen wir - wie immer unglaublicherweise fast auf die Minute pünktlich - am vereinbarten Treffpunkt, wo die hochemotinale "Ankunft der Hunde" stattfindet, die viele von Ihnen schon persönlich miterlebt haben.
Fazit:
Ehe Sie nun genauer nachfragen.....jawohl - ich habe geheult. Immer wieder hat ein Schicksal mich ganz besonders berührt, hat ein Blick die Schutzschicht durchdrungen. Aber diese Erlebnisse würden den Rahmen meines an sich schon reichlich umfangreich gewordenen Berichtes endgültig sprengen. Sie werden aber einige davon in den nächsten Wochen auf der Startseite wiederfinden.
Meine Hochachtung vor "den Italienern" und der Arbeit, die sie leisten, ist sehr gewachsen. Bis dahin habe ich ja doch hauptsächlich nur die "deutsche" Seite gesehen. Meine Hochachtung vor Giovanna ist ebenfalls gewachsen.
Ich bin ja von einem "Schutzengel" begleitet durchs Tierheim gegangen, musste nichts entscheiden, nichts durchkämpfen und war für nichts verantwortlich.
Sie ist in jeden Zwinger gegangen,  o h n e   zu wissen, wie der betreffende Insasse reagieren würde.
Sie schafft den Drahtseilakt zwischen der italienischen Bürokratie, den italienischen Tierheimmitarbeitern und den deutschen Familien - in der Regel ohne abzustürzen......
Wenn sie einen Fehler macht, bleibt die Verantwortung letztendlich in jeder Beziehung an ihr hängen - finanziell, gefühlsmäßig und organisatorisch.....
Das alles kostet immense Nerven - auch ohne das Gefühl der Verpflichtung, so vielen dieser Hunde wie möglich ein besseres Leben zu verschaffen.
Ich könnte mir vorstellen - mit jedem Besuch wiegt diese Verpflichtung noch ein bisschen schwerer......
Obwohl ich bereits einen halben Roman geschrieben habe, könnte ich noch tagelang weiterschreiben (möchte dies aber niemandem mehr zumuten Lächelnd)....Um nun letztendlich doch zu irgendeiner Art von Schluss zu kommen - Ich bin sehr froh, dass ich das alles mal gesehen und erlebt habe, mein Blickwinkel auf viele Dinge hat sich geändert - und wenn ich fest verspreche, dass ich das Badezimmer nicht mehr unter Wasser setze, darf ich sogar vielleicht irgendwann mal wieder mitfahren Lächelnd

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