Drei Tage Caserta....

Als wir in Caserta ankamen, lagen fast 1200 Kilometer hinter uns. Mit dem Wohnmobil kein Problem, wir konnten ausgiebig Pause machen und einige Sachen aus dem Lager für das Tierheim mitbringen. An der Mautstelle holte uns Giovanna ab und wir fuhren gleich ins Tierheim. Christine hatte Ixl mitgenommen, damit er seine neue Lebensgefährtin gleich kennenlernt. Nach dem Tod von Nonnina hatte sich Christine entschlossen den leeren Platz in ihrem Rudel wieder mit einer älteren Hundedame zu füllen. Sie hat sich für Rosa entschieden und die saß nichts ahnend, dass sich ihr Leben schlagartig ändern wird in ihrem Zwinger. Schon als wir dort ankamen, hörten wir wildes Gebell und wir konnten nur erahnen, was uns erwartet und wir gleich sehen werden. Mit gemischten Gefühlen gingen wir mit Giovanna zuerst zu Rosa. Ixl ließen wir im Wohnmobil, es wäre zu viel Stress für ihn gewesen an denn vielen aufgeregten Hunden vorbeizugehen. Rosa lag in ihrem Korb und rührte sich nicht. Wahrscheinlich dachte sie, nach zwölf Jahren kommt keiner mehr um mich zu holen. Erst als Christine sie ansprach und ihr ein paar Leckerlis unter die Nase hielt, merkte sie, dass heute etwas besonderes ist. Als sie aufstand, waren wir überrascht wie „lang“ sie war. Ein „Cani-lungo“! Auf den Bildern wirkte sie kleiner, aber ihre Schönheit war nicht zu übersehen. Wir brachten sie in den Freilauf um sie in ihrer vollen Pracht zu bestaunen.


Danach zeigte uns Giovanna die anderen Hunde. Wir gingen von Zwinger zu Zwinger, sahen in -zig traurige Hundeaugen, viele versuchten durch bellen, winseln und hochspringen unsere Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein Wahnsinn, wer es selber nicht erlebt hat, wird diese Lautstärke und Eindrücke nicht nachvollziehen können. Ich erkannte viele Hunde von der Vermittlungsseite wieder. Giovanna zeigte mir die Geschwister von Lauser, der inzwischen hier in Deutschland einen Traumplatz bekommen hat, die Söhne von Chelsea, die bei Freunden von mir im Schwarzwald untergekommen ist und dort mit ihrem neuen Kumpel eine Ziegenherde und Hühner bewacht und Ali, der durch Hundekämpfe grausam zugerichtet wurde. Alle warten auf ein zuhause. Als mir Giovanna Lellas ehemaligen Zwinger zeigte, sah ich dort noch ihren damaligen Zwingergenossen, der immer noch auf einen Platz wartet. Er ist etwas schüchtern, aber bestimmt ein ganz Lieber, der wie alle anderen auch, einen tollen Platz verdient hätte. Wird ihn jemals jemand dort rausholen? Bei manchen Hunden meint man, sie haben aufgegeben.

 

Viele sind als Welpen ins Tierheim gekommen und werden wahrscheinlich auch dort sterben. Wie kann man das alles aushalten? Wir versuchten allen genug Streicheleinheiten und Zuwendung zu geben, aber wir wären Tage beschäftigt gewesen.
Zum Schluß zeigte uns Giovanna noch Nives. Sie lebt mit zwei älteren Hunden in einem Raum mit Freigang. Sie rutscht mit ihrem Hintern meist nur über den Boden und steht kaum auf. Eine ganz liebe, lebensfrohe Hündin. Sie bräuchte dringend einen Platz, wo man sie aufpäppeln und sich um den Aufbau ihrer Muskeln kümmern könnte. Ein Hund mit drei Beinen kommt wunderbar zurecht, aber er muß es erst lernen. Es gibt bestimmt einige Möglichkeiten ihr das Leben zu erleichtern und lebenswert zu machen. Sie ist eine so tolle Hündin, gibt es da draußen niemanden, der ihr einen geeigneten Platz und ein schöneres Leben bieten könnte? Sie sprüht vor Lebensfreude und möchte die Welt erkunden. Sie hätte es so verdient!
Danach gingen wir zu Rosa zurück und holten Ixl dazu. Sie schien ihm zu gefallen, denn nach kurzen beschnuppern, legte er sich hin und man meinte er möchte sagen „...in Ordnung, die nehmen wir mit!“
In Caserta leben im Moment ca. 380 Hunde und es werden täglich mehr. Als wir mit Rosa aus dem Tierheim fuhren, stand der Hundefänger schon wieder mit Nachschub da. Ein Teufelskreis! Trotzdem haben diese Hunde noch Glück, es ist ein vorzeige Tierheim. Die Hunde werden dort – Dank Giovanna und einiger ehrenamtlicher Helfer - gut versorgt. Man kann und möchte sich gar nicht vorstellen, was in anderen sogenannten Canilen-Lagern vorgeht. Diese Grausamkeiten sind unbeschreiblich und ich möchte nicht daran denken, dass mein Peppino dort gelandet wäre, wenn Giovanna ihn nicht gerettet hätte.
Am Nachmittag fuhren wir Rosa in einen Hundesalon. Es mußten zwölf Jahre „Caserta“ rausgewaschen werden. Die nette Signora dort lupfte sie in die Badewanne und wir übeließen Rosa ihrem Schicksal. Als wir nach einer Stunde zurückkehrten, trauten wir unseren Augen nicht. Da stand Rosa auf den Tisch, wurde gefönt und gebürstet und tat so, als wenn es das Normalste der Welt für sie wäre. Sie genoss die ganze Aufmerksamkeit die wir ihr schenkten und suchte immer wieder Kontakt zu uns. Christine hatte sich da wieder ein wahres Goldstück ausgesucht.


Am nächsten Tag besuchten wir noch das Tierheim in Pignataro. Es liegt etwas nördlich von Caserta. Das letzte Stück des Weges mußten wir zu Fuß zurücklegen. Er war durch den Regen sehr schlammig und es fühlte sich trostlos an dort entlang zu gehen. Es erwarteten uns ca. 180 Hunde. Darunter wieder viele bekannte Gesichter. Es war ergreifend, so viele lebenshungrige Hunde, die mit den Pfoten auf den Mauern standen, bellten und den Kopf ans Gitter drückten um ein paar Streichler abzubekommen. Die Maremmano-Hündin, der man die Ohren abgeschnitten hatte, der Rüde, dem man die Pfote angenagelt hatte, damit er nicht wegläuft, die Kistenhunde, einer lieber wie der andere….und vieles mehr. Das zerreißt einen fast vor Wut und ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Ich mußte an die Hunde denken, die immer noch solch Grausamkeiten ausgesetzt sind und für die es keine Hilfe gibt.
Zum Schluß kam eine Mitarbeiterin und brachte uns Trilli, die wir nach Deutschland auf eine Pflegestelle mitnehmen sollten. Die Frau hatte Tränen in den Augen und konnte sich nur schwer von der kleinen Maus trennen. Sie hatte sie so sehr in ihr Herz geschlossen und hat extra für Trilli einen Anhänger machen lassen auf dem Stand, dass sie ihr eine glückliche Zukunft wünscht. Es war so bewegend und ergreifend. Wir haben dann alle noch ein wenig zusammen geweint und dann wars gut.
Am Sonntag fuhren wir wieder nachhause. Mit drei Hunden an Bord und vielen schweren Gedanken, die einen begleiteten, fuhren wir die dreizehn Stunden fast durch. Da wird einen erst bewußt, was Giovanna alleine bei der Fahrt leistet. Sie hat meinen vollen Respekt, was sie dort in Caserta bewegt und mit welchen Problemen sie sich täglich rumschlagen muß . Ich hoffe sie hat noch viel Kraft sich diesen zu stellen.
Diese vielen Hunde und ihre Schicksale, haben mich tief bewegt. Man kann leider nicht alle retten, aber man kann einen kleinen Teil dazu beitragen, dass das Leben für sie lebenswerter wird.

Gabi Albertshofer

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